Das Ende der Strassenbahn

Ende der 50'er Jahre war es vorbei. Gerade nachdem die letzte Lieferung Fahrzeuge auf die Schienen gestellt wurde, beschloß der Senat, die Strassenbahn nach und nach einzustellen. Und ich kann das für diese Zeit auch verstehen: Das Auto wurde in der Anschaffung und im Betrieb für jeden erschwinglich, die Wege zur Arbeit wurden länger und man glotze zuhause TV statt in's Kino zu fahren. Und so wie heute stand die Strassenbahn dem Individualverkehr im Weg. (Gut heute sind die Diskussionen etwas anders. Aber nur etwas!)

So war es in den Fünfzigern.

Jetzt möchte ich aber mal eine Sicht von hinten aufmachen und die letzten Streckenstillegungen bis zu einem bestimmten Punkt nennen. (Horst Buchholz sei Dank!)

1.10.1978Linie 2: Rathausmarkt - Hoheluftbrücke - Niendorf Markt - Schnelsen
(Bereits vorher am 28.5.1978 vom Hauptbahnhof her verkürzt.)

Nebenbei bemerkt:

Als später nach Eröffnung der City-S-Bahn die Liniennummern S11, S21 und S31 eingeführt wurden, entstand etwas Verwirrung, wie man sich das merken sollte. Ein Mann schrieb dann an das Hamburger Abendblatt, man sollte sich an den alten Strassenbahnlinien in Richtung Lurup orientieren. Die [1] fuhr wie die S1 über Landungsbrücken (Der Parallelverkehr zwischen Rathaus und Landungsbrücken wurde ihr zum Verhängnis) und die [11] wie die S11 über Holstenstrasse.

22.5.1977 Linie 1: Rathausmarkt - Lange Reihe - Goldbekplatz - Lattenkamp
Linie 14: Grindelberg und Lattenkamp - Goldbekplatz - Mundsburg - Burgstrasse und Veddel
7.3.1976 Linie 15: Horner Rennbahn - Burgstrasse
(Reststrecke Grindelberg - Burgstrasse wird von [14] übernommen.)
24.9.1975
/7.3.1976
Linie 2: Erst Mengestrasse - Veddel ('75 wegen schadhafter Kanalbrücke), dann Veddel - Hauptbahnhof
29.6.1975 Linie 11: Hauptbahnhof - Feldstrasse - Stresemannstrasse - Bahrenfeld Trabrennbahn
26.9.1974 Linie 9: Hauptbahnhof - Mittelweg - Winterhuder Markt - Flughafen
3.6.1973 Linie 1: Rathausmarkt - Landungsbrücken - Altona - Bahrenfeld Trabrennbahn - Lurup (Schenefeld, Lornsenstrasse)
Linie 3: Langenfelde - Osterstrasse - Bundesstrasse - B.d.Verbindungsbahn - Dammtor - Rathausmarkt

So, Stop, Bremse, Ende der Litanei...

Mal eine 1 Million-Euro-Frage bei Günter Jauch: "Was war am 25. November, 2., 9. und 16. Dezember 1973, nachdem es am 9. November (Schon wieder dieses Datum!) im Bundestag beschlossenn wurde?"

Richtig: Autofreier Sonntag. (Eine Google-Liste zu diesem Thema.)

(Ein rechtefreies Foto habe ich eben auf die Schnelle nicht gefunden.)

Ich meine mich an ein Interview mit dem späteren (also erst 1974 gewählten) Bundeskanzler Helmut Schmidt zu erinnern, daß das Ziel der Autofreien Sonntage garnicht mal das Sparen von Benzin war (Ich denke, der eingesparte Verbrauch an einem Sonntag wird verglichen mit Werktagen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein gewesen sein.), sondern es sollte im Endeffekt eine Erziehungsmaßnahme sein und zeigen, daß es Energie nicht mehr in unendlicher Menge gibt.

Hätte man also in Hamburg (immerhin der Heimatstadt Helmut Schmidt's) diese Warnung verstanden und etwas weitsichtiger gedacht, hätte man durchaus noch ein Netz gahabt, mit dem man die Kurve hätte kriegen können. Jemand hat auch mal einen Web-Artikel geschrieben, wie es dann möglicherweise weitergegangen wäre. Also noch etwas zum Suchen.

Stattdessen lief die Zeit der Strassenbahn wie eine Sanduhr ab.

Es war allzeit eine gute Fahrt.

Im rüstigen fünfundachzigsten Lebensjahr,
trotz bester Gesundheit, beklagen wir den von Hamburg gewollten Tod unserer lieben Strassenbahn.

In Trauer und Empörung

Bürgerverein Hamburg Mitte, 1.Okober 1978

Die Strassenbahn ist Tod,
es lebe die Strassenbahn.

Gründe für die Einstellung

Welche Gründe haben zur Einstellung der Strassenbahn geführt?...aus heutiger Sicht
Die Strassenbahn ist unwirtschaftlich. Diese Unwirtschftlichkeit hat man zum Teil selber herbeigeführt. So waren die Beiwagen (auch nachdem der Fahrscheinverkauf im Motorwagen vom Fahrer übernommen wurde) mit Schaffnern besetzt, was bereits damals in anderen Städten aufgegeben wurde. Ausserdem beraubte man die Strassenbahn mit der Einstellung der Beiwagen (1976) eines großen Vorteils gegenüber des Busses, nämlich der größeren Kapazität pro Fahrt.


Was ist stattdessen passiert?

Die Strassenbahn sollte ja eingentlich durch neu zu bauende U-Bahnen ersetzt werden. Zum Teil ist das ja auch passiert. Aber eben nur zum Teil. Die Verbindungen (Jungfernstieg-) Hauptbahnhof-Süd - Wandsbek und Berliner Tor - Billstedt in den 1960er Jahren zählen dazu.

Der "Zufall" will es so, daß die Einstellung der Strassenbahn mit der Eröffnung des (damals so genannten) "Schnellbahnknotens" Jungfernstieg und des Baus der City-S-Bahn zusammenfällt. Die die Daten im Einzelnen:

19733.6.Eröffnung der Haltestelle Jungfernstieg
durch die Verbindung (Schlump -)
Gänsemarkt - Jungfernstieg - Hauptbahnhof Nord.
-"- 29.11., 2., 9. und 16.12.Autofreie Sonntage
19751.6.City-S-Bahn Hauptbahnhof - Landungsbrücken
197921.4.bis Altona
198131.5.bis Diebsteich
198325.9.Über die Elbe nach Harburg Rathaus
19845.8.bis Neugraben
2007/08 Stade / Flughafen